Das traditionelle Hamburger Festmacherboot



Ein altes offenes Arbeitsboot der Hamburger Schiffsbefestiger mag auf dem ersten Blick nicht so beeindruckend sein wie ein historischer Großsegler oder ein riesiges  Containerschiff unserer Tage. Auf den zweiten Blick ist es ein traditionelles Festmacherboot jedoch durchaus. Noch vor Jahren wurde das Interesse an diesen Bootstyp lediglich von seiner Zweckmäßigkeit dominiert, doch diese unumsichtige Ansicht hat sich erfreulicherweise weitgehend geändert.


Eine der gefährlichsten Arbeiten im Hamburger Hafen wird seit jeher von den Festmachern übernommen.Sie verbringen mit ihren wendigen Festmacherbooten die schweren Trossen der Seeschiffe zu den Dalben im Strom, sowie auf Pollern anderer Hafenanlagen. Oft operieren die Bootleute mit ihren stark motorisierten Fastmokern auf engsten Raum zwischen Seeschiffen, Schleppern und Kaimauern. Deshalb weisen die traditionell offenen Hamburger Festmacherboote sehr robuste Rumpfstärken und erhebliche Materialzuschläge auf. Sie sind Eisgängig und trotzen jedem Wetter. Bei wirklich jeder Wetterlage, bei Tag und bei Nacht, Sommer wie Winter, bei Sturm und bei Eisgang, ein Festmacherboot fährt immer! Den unsanften Kontakt, mit Schiffskörpern, Kaimauern, Dalben oder anderen im Weg stehenden Gegenständen beeindruckt die robusten Stahlkonstruktionen kaum. 


Die anfänglich von Elbfischern und ehemaligen Seeleuten im Nebenerwerb ausgeübte Tätigkeit des vertäuen von Seeschiffen im Hamburger Hafen, entwickelte sich mit der Gründung des ersten Schiffsbefestiger-Unternehmen in Hamburg im Jahre 1877 zu einen spezialisierten Hafengewerbe. Eine genaue Datierung der eigentlichen Anfänge ist hierbei nicht erfassbar, jedoch ist die Zunft der Festmacherleute weit vor dem Schleppergewerbe entstanden. Alt hergebrachte Holzruderboote, sogenannte Spitzgattjollen wurden damals von den Bootleuten für ihre Tätigkeiten eingesetzt. Die Boot-Gang ließ sich bei ablaufend Wasser mit ihren Ruderbooten aus dem Hafen elbabwärts auf die Aufkommer zutreiben. Mit dem jeweiligen Schiff wurde auf Zuruf von Bord zu Bord verhandelt welche Bezahlung für die Dienstleistung beansprucht wird. Die kleine Festmacherboote würden nach Abschluß der Verhandlung von dem Seeschiff bis in den Hafen mitgeschleppt und man übernahm vor Ort die Vertäuung an den jeweiligen Hafenanlagen.


Hartnäckig halten sich die Behauptungen, dass es früher vor der Auftragsvergabe hier und da auch mal etwas rauhbeiniger zur Sache ging. Üblicherweise mit den Piekhaken wurde den ungeliebten Mitbewerben Argumente angetragen mit ihren Booten doch beiseite zu gehen, da man irgendwie zuerst am Aufkommer dran war. Als eine Art von  sportlicher Betätigung war auch das ansägen der Riemen bei Booten der  Konkurrenz nicht ganz unüblich. Denn damals galt das "Windhund-Prinzip":    

Wer zuerst kommt, vertäut zuerst. 


Die ersten Holzruderboote wurden etwa ab den 1920/30er Jahren nachträglich mit etwa 15 PS leistenden Motoren bestückt. Jedoch machten diese ersten Motorboote nur Vorwärtsfahrt, was zu nicht wenigen Unfällen führte. Das verbesserte sich aber mit der Einführung von Wendegetrieben, diese eine Vorwärts- und Rückwärtsfahrt der Boote ermöglichten. Als nun benötigte Steuereinheit setzte man, bis auf einige Ausnahmen naturgemäß auf vertrautes, auf die robuste und effiziente Pinnensteuerung. Diese Art der Steuerung hat den Vorteil, dass sie direkt einwirkt und so ein sicheres manövrieren auf engsten Raum ermöglicht. Durch die Motorisierung begünstigt, erhielt nun ab ertwa den 1930 Jahren auch langsam die sogenannten zweiten Generation der offenen Festmacherboote in robuster Stahlbauweise ihren Einzug. Einige wenige Holzboote wurden im Hamburger Hafen jedoch noch bis in die 1950er Jahre eingesetzt. 


Mit anfänglichen Längen von 6,00 bis 7,00 Meter wuchsen die ersten genieteten Stahlboote mit der Zeit an Größe weiter an. Diese neue Festmacherboot Generation wartete mit 30 PS Dieselmotoren auf. Bis Ende der 1940er und 1950er Jahre leisteten die Motoren bereits um die 50 PS. Mit Bootsmotoren von 60 PS und Längen von 8,00 Metern in den 1960er Jahren und 148 PS und Werftlängen von 9,00 Metern waren die offenen Arbeitsboote bis in die 1970er Jahren zu wahren Kraftprotzen herangewachsen.


Die letzten in Hamburg gebauten modernen Festmacherboote der dritten Generation haben Rumpflängen von etwa 11 Metern. Im Gegensatz zu den alten Pinnenbooten verfügt der moderne Typ über 250 bis 300 PS starke Dieselantriebsaggregate und ein geschlossenes Ruderhaus, sowie Aufenthaltsräumlichkeiten im Vorschiff. Nichts gegen die hölzernen Sitzbohlen in der "Hundehütte" der Vorpick und der robuste Außentoilette der offenen Pinnenboote der alten Tage.




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